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Tschingis Aitmatow - Ein Tag länger als ein Leben

Der Autor ist nicht allzu bekannt und wenn, dann kennt man wohl seine Liebesgeschichte „Dschamilja“, die mich allerdings nicht so beeindruckt hat. Ein Leser meiner Homepage hat mir Ein Tag länger als ein Leben empfohlen und ich war begeistert! Der Klappentext erweckt erst einmal falsche Vorstellungen, denn der dort genannte Kalte Krieg kommt im Buch nur sehr am Rande vor. Die Kerngeschichte spielt an einer Eisenbahn-Ausweichstelle in der Steppe Sary-Ösek in Kasachstan in den Jahren 1952 und 1953. Das harte Leben im kalten Winter und heißen, trockenen Sommer in dieser kargen Gegend halten nur wenige Zugezogene mehr als ein paar Jahre aus. Edige jedoch bleibt dort mit seiner Familie und sieht die Eisenbahnarbeiter kommen und gehen, lernt die Sagen und Geschichten der Region und ist befreundet mit Kasangap, dem einzigen anderen dauerhaften Bewohner des Örtchens. Dieser stirbt eines Tages, und die Vorbereitung und Durchführung seiner Beerdigung (etwa 1980) stellt die Rahmenhandlung dar, innerhalb derer Edige sich an alles zurückerinnert.

Die letzten Jahre unter Stalin sind sehr repressiv, aber die Sowjetunion spielt auch in der Rahmenhandlung eine Rolle, weil eine Sperrzone, die das Kosmodrom umgibt (von dem die sowjetischen Raumfähren starten – hier kommt etwas Science Fiction sowie der Kalte Krieg ins Spiel), auch den alten Friedhof des Örtchens umfasst und so die Beerdigung von Kasangap erschwert. So kommen also zu den sowieso schon harten Lebensbedingungen auch noch politisch-gesellschaftliche Erschwernisse. Edige jedoch lässt sich nie kleinkriegen, er bleibt standhaft und hält das Leben in der Steppe dadurch aus.

Die Darstellung dieses Lebens ist eindrucksvoll und emotional und lässt einen das Buch kaum aus der Hand legen. Ich habe die 500 Seiten in nur wenigen Tagen gelesen. Das Buch zeigt einem den Wert von der Bewahrung von Traditionen und alten Geschichten, die im hiesigen Fall von der Sowjetunion, aber auch von unverständigen Söhnen und Töchtern bedroht werden. Das lässt sich auch auf hier und heute übertragen. Und es handelt eben von einem beeindruckend standhaften Menschen.

3. Januar 2013