Julian Barnes - der Lärm der Zeit
Diese ganz aktuelle Biographie von Dmitri Schostakowitsch ist ein Bestseller, dadurch bin ich auch darauf gestoßen. Ich mag ja einige seiner Kompositionen sehr gern, bin aber kein expliziter Kenner seines Werkes. Jedes Kapitel ist einem der Jahre 1936, 1948, 1960 gewidmet, in diesem 12-Jahres-Rhythmus passierten ihm wichtige Dinge, es waren zudem Schaltjahre, die er als Unglücksjahre ansah. 1936, da ist er 31 Jahre alt und frisch verheiratet, fällt seine Oper Lady Macbeth von Mzensk bei Stalin durch und er lebt plötzlich sehr gefährlich. Aber wie durch ein Wunder passiert nichts weiter und er wird doch noch ein „Staatskomponist“ und im Alter sogar noch der Vorsitzende des Komponistenverbandes. Schostakowitsch ist Künstler und will unpolitisch sein, ist aber zu feige, sich dem Regime zu widersetzen und wird dadurch nach und nach von Stalin, später auch Chruschtschow vereinnahmt. Er muss immer wieder seinen Namen unter staatstreue Veröffentlichungen setzen und auch Reden halten, in denen er andere Komponisten etc. verunglimpft, obwohl dies nicht seiner eigenen Meinung entspricht. Er ekelt sich vor sich und seinem Leben, leidet sehr, hat aber nicht den Mut und die Kraft, etwas zu ändern. Jedes Kapitel beginnt daher mit der Aussage: „Dies war die schlimmste Zeit.“ Man hat Mitleid mit ihm und auch wenn man sich wünschte, er hätte mehr Mut gehabt, kann man doch gut verstehen, wie er in seine Situation geraten ist. Er will einfach nur in Ruhe leben und komponieren, aber das ist ihm einfach nicht vergönnt und so nimmt sein Leben einen Verlauf, der er nicht wollte.
Schostakowitsch und seine Gefühlswelt werden von Barnes gut beschrieben, ich habe mit ihm mitgelitten. Alle anderen Personen bleiben aber sehr blass. Vielleicht ist die Fokussierung auf die Hauptperson gewollt. Mir gefällt der Stil aber nicht so gut, die Beschreibungen des Lebens in der Sowjetunion aber sehr.
17. Juli 2017