zurück zur Bücherliste

Marie v. Ebner-Eschenbach - Die Totenwacht / Maslans Frau

Diese zwei Erzählungen von Ebner-Eschenbach handeln beide von sehr starken, trotzigen Menschen. In der Totenwacht sitzt Anna neben ihrer verstorbenen Mutter, als der verhaßte, reiche Nachbar Georg Huber hineinkommt. Sie will ihn hinausschicken und klagt ihn aller seiner vergangenen Schandtaten an, von kindischer Mißgunst bis hin zur wiederholten Vergewaltigung. Er höhnt über ihre durch den trinksüchtigen Vater verursachten Armut, ist aber eigentlich gekommen, weil er vom Pfarrer hörte, Annas Mutter hätte ihm auf dem Totenbett verziehen und weil er nun Anna heiraten möchte. Er hat sie immer gemocht in ihrer unschmeichelnden, rauhen Art. Anna hat aber die Streitigkeiten nie als neckende Späße wahrgenommen, sondern Georg stets gehaßt, weil er neben dem Vater nur ein weiteres Übel für sie dargestellt hat. Georg versucht, sie für sich zu gewinnen und braucht lange, um ihre unverrückbare Ablehnung zu bemerken und hinzunehmen. Als Leser hat man Mitleid und kann das arme Mädchen nur darin bestärken, den Schnösel, der sich so schlecht benommen hat, abzuweisen, und darauf zu vertrauen, sich mit eigenen Händen eine Existenz aufzubauen.

Die andere Erzählung handelt von einem Ehepaar, bestehend aus zwei verwöhnten Einzelkindern, die stets ihren Willen bekommen hatten. Als der Mann wegen seines Arbeit beim Grafen mit diesem mehrere Jahre über die Wintermonate in Wien verbringt und nur im Sommer auf dem Land zu Hause ist, streiten sich die Eheleute sehr, zumal der Mann in Wien wiederholt fremdgeht. Eines Tages bei seiner Rückkehr artet der Streit so aus, daß sie schwört, ihn nie mehr zu besuchen und ihn auch nie zu sich zu rufen, er schwört umgekehrt das gleiche. Insgeheim lieben sie sich, aber beide bleiben stur. Der junge Kaplan versucht zu vermitteln, als nach 10 Jahren der Mann im Sterben liegt, weil er merkt, wie sich die beiden eigentlich lieben. Aber letztlich finden sie erst im Tod wieder zueinander, weil beide so trotzig und stur sind. Die Erzählung zeigt also, zu welch schlimmen Ende menschlicher Starrsinn führen kann.

Diese zwei lebendig geschriebenen Erzählungen sind nur zwei von vielen der Autorin und sie machen Lust auf mehr.

7. April 2008