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Joachim Fest - Ich nicht

Die Kindheits- und Jugendautobiographie des Schriftstellers Joachim Fest erinnert mich an die von Wolf Jobst Siedler sowie Richard von Weizsäcker. Alle haben ihre Jugend im Dritten Reich erlebt und auf mal offene, mal subtile Weise Widerstand geleistet gegen die Vereinnahmung des Denkens durch die Nazis. Familie Fest hat mich wegen ihrer Standhaftigkeit und frühzeitigen Erkennung des Bösen am meisten beeindruckt. Bei jeder Autobiographie kann man kritisieren, daß der Autor unbescheiden ist, weil er sein Leben als interessant genug erachtet, um es zu veröffentlichen, aber alle drei genannten Männer haben in meinen Augen wirklich viel erlebt und geleistet.

Der Titel des Buches rührt von einem Spruch her, den Joachim Fest als Jugendlicher von seinem Vater hörte: Etiam si omnes – ego non! Auch wenn alle mitmachen – ich nicht! Der Vater wurde schon im April 1933 von seiner Lehrtätigkeit suspendiert und hatte dann Berufsverbot, wodurch die Familie auch sehr mit Armut zu kämpfen hatte. Aber sie hielten da bürgerliche Bildungsideal hoch und die Kinder haben sehr viel gelesen und auch einiges über Musik gelernt. Joachim Fest wurde gegen Ende des Krieges auch noch mehr oder weniger freiwillig Soldat und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Sehr schnell wurde er Gehilfe des Lagerkommandeurs. In solchen Fällen frage ich mich immer: Wie kommt es dazu? Warum ragt er aus der Masse an Gefangenen so heraus, daß schnell jemand auf ihn aufmerksam wird, ist es die Ausstrahlung oder die Extrovertiertheit, mit der er den Mund aufmacht, oder ist es doch einfach Zufall? Aber genau solche Dinge sind es, die das Leben auch für den Leser interessant machen und ich kann das Buch empfehlen, besonders, wenn man sich für die jüngere deutsche Geschichte interessiert.

27.10.07