Lion Feuchtwanger - Die Geschwister Oppermann
Feuchtwanger schrieb dieses Buch 1933, als er bereits aus Deutschland ausgewandert war. Umso erstaunlicher ist die Fülle an Berichten über die Judenverfolgung in den Jahren 1932 und 1933. Er hat seine Beschreibung der Zeit und die Haltungen der Leute – von leugnend über verharmlosend bis pessimistisch – in einen Roman über vier erfolgreiche Geschwister gepackt, Erben eines Möbelhauses. Martin ist Geschäftsführer, Gustav ist Privatier und Schriftsteller, Edgar Arzt und der Mann der Schwester Klara ist auch im Geschäft beteiligt. Alle können ins Ausland fliehen, aber tun dies erst nach dem Reichstagsbrand (Gustav), einer zweitägigen Verhaftung (Martin) bzw. einem Rausschmiss aus dem Krankenhaus. Nur Schwager Jacques ist Amerikaner und daher sicher. Edgars Tochter Ruth erkennt sehr schnell die Dramatik der Lage und wandert nach Palästina aus, Klaras Sohn Heinrich ist als Amerikaner zwar eigentlich sicher, geht aber in die Schweiz. Martins Sohn Berthold wird von einem Nazi-Lehrer sehr schlecht behandelt und weil er nicht der Wahrheit entsagen will, bringt er sich schließlich um. Gustav kehrt unter falschem Namen nochmal nach Deutschland zurück, wird dann aber wegen „Miesmacherei“ verhaftet, sein Gesundheitszustand verschlechtert sich sehr und er stirbt nach seiner Freilassung bald.
Das Buch hat mich sehr mitgenommen, weil schon 1933 so klar war, dass es Hitler darum ging, die Juden zu eliminieren und das Land in den Krieg zu führen. Wer sich ein bisschen um Informationen bemühte, konnte dies alles wissen, auch wenn die Propaganda ziemlich erfolgreich war und es daher sicher auch viele Leute gab, die nicht wussten, was genau los war. Aber wenn sich Machthaber nicht an Recht und Gesetz halten, ist Widerstand schwierig und zu einem der unzähligen Märtyrer zu werden, die am Ende doch nichts ändern, ist auch nicht verlockend. Eine fatale Situation und wir wissen ja, wie es weitergegangen ist. Mich hat das Buch sehr beschäftigt.
22. August 2018