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Gustav Freytag - Soll und Haben

Dieser Roman von 1855, der im 19 Jahrhundert ein richtiger Bestseller war, wurde mir von meinem Vater empfohlen (in einer schönen alten Ausgabe). Er hat mir sehr gefallen, auch wenn ich gleich sagen muss, dass er in der heutigen Zeit klar bei der Kritik durchfallen würde wegen krasser Klischees und Antisemitismus.

Ein Beamtensohn vom Lande beginnt seine kaufmännische Lehre in der Hauptstadt (Breslau – wird aber nicht namentlich erwähnt, es lässt sich aus dem Umständen erahnen und steht so bei Wikipedia). Er ist ein vorbildlicher Mensch, fleißig und höflich und bleibt nach verkürzter Lehrzeit beim Kaufmann T.O. Schröter. Dort ist er eine große Stütze, auch weil er bei Bauernunruhen im Osten hilft, viele Waren zu sichern bzw. zurückzuholen, die auf dem Transport in die Unruhen gerieten. Er knüpft Kontakte zum Adel, vor allem dank eines adligen Kollegen, der als Volontär (vom Vater geschickt) auch dort arbeitet, und verguckt sich etwas in Lenore Baroness von Rothsattel. Parallel wird die Geschichte eines Schulkameraden von Anton erzählt, Veitel Itzig, der bei einem jüdischen Händler in Lehre geht und auch die dunklen Wege des Geldverdienens lernt. Dieser Händler nutzt die Geldverschwendung des Barons Rothsattel aus, dreht ihm Kredite an für fragwürdige Investitionen und treibt den Baron in den Ruin. Als die Familie ihr Schloss verliert und ein eher ruinöses Schloss in Polen erwirbt, hilft Anton ihnen beim Aufbau – aus Verbundenheit mit der Familie. Das geht aber nicht gut und am Ende kehrt Anton zu Herrn Schröter zurück. Da gibt es noch ein paar schöne Schlussszenen.

Sowohl der Adel, als auch die Juden und die Spekulanten werden sehr übertrieben dargestellt, aber im Grunde auch der ehrbare, aber rein gewinnorientierte Kaufmann. Dennoch ist die Geschichte sehr unterhaltsam und spannend. Die Nebengeschichten sind gut verwoben mit der Hauptgeschichte. Für dieses Buch braucht man also Hintergrundinformationen über die Zeit, um mit den Klischees umgehen zu können, aber insgesamt kann ich den Roman sehr empfehlen.

15. Juli 2018