Ulla Hahn - Das verborgene Wort
Die Autorin kannte ich nur dem Namen nach und den Titel gar nicht als ich diesen Roman geschenkt bekam. Ein wunderbares Buch! Es wird eine Kindheit in den fünfziger Jahren im Kölner Umland erzählt. Hildegard Palm ist Tochter eines ungelernten Arbeiters und wächst in eine streng katholischen Umfeld auf. Ihre Eltern und ihre Großmutter gehen lieblos mit ihr um und nur der Großvater und die Kindergärtnerin bieten liebevolle Fluchtpunkte. Hildegard ist äußerlich angepasst, als sie jedoch das Lesen lernt, entflieht sie in ihre Bücherwelten. Sie ist der Familie intellektuell überlegen und ihre Lehrer fördern das zum Glück: Sie darf auf die Realschule und gewöhnt sich an hochdeutsch zu sprechen. Sie sammelt Zitate, erwärmt sich nacheinander für verschiedene Schriftsteller und versucht dennoch auch mit gleichaltrigen Mädchen befreundet zu sein, die aber ihre Leidenschaft nicht teilen. Die Geschichte geht bis zum Alter von etwa 16 Jahren, so dass die ersten Annäherungen an das männlichen Geschlecht in der zweiten Hälfte des Buches beschrieben sind. Hildegard ist nicht aufgeklärt (das gab es damals noch nicht), an körperlicher Liebe gar nicht interessiert und dadurch ziemlich naiv – aber auch selbstbewusst genug, sich gegenüber den Jungen zu behaupten. Nach der Schulzeit beginnt sie eine Lehre in einer Firma, wo sie jedoch sehr unglücklich ist und dem Alkohol verfällt. Um die Spannung zu erhalten, verrate ich hier nicht, wie die Geschichte endet.
Den Roman kann ich wärmstens empfehlen, jedoch hat das Buch eine Eigenart, die mich am Anfang ziemlich abgeschreckt hat: Viele Abschnitte des Buches sind in kölschem Dialekt geschrieben, was sich für mich sehr schlecht liest. Dadurch habe ich drei Versuche gebraucht, bis ich in das Buch richtig hereingekommen bin. Es hat sich gelohnt.
20. Januar 2012