Elfriede Jelinek - Die Klavierspielerin
Erika Kohut, von ihrer Mutter dazu getrieben, Pianistin zu werden, wird von ihrer Mutter beherrscht und ist zu dem Zeitpunkt, zu dem die Geschichte spielt, ein ziemliches psychologisches Wrack, die eingeschobenen Rückblicke in die Kindheit zeigen, wie es dazu gekommen ist. Aus der Pianistenkarriere ist nicht geworden, aber Erika ist mit Mitte dreißig Professorin am Wiener Konservatorium, als sich ein Schüler, rund 10 Jahre jünger als sie, in sie verliebt. Auch sie verliebt sich, doch die jegliche Abwesenheit von Männern in ihrem Leben hat sie zu perversen sexuellen Phantasien getrieben. Im Stadtpark beobachtet sie Pärchen und geht in Strip-Bars, beides nur zur Befriedigung ihrer Gedanken und Vorstellungen. Sie hat die Beherrschung durch ihre Mutter so verinnerlicht, daß sie auch in der Liebe beherrscht werden und leiden will. Nur als Klavierlehrerin ist sie die Herrschende und genießt die Macht über ihre Schüler – und hier auch über die Mutter, die von Musik wenig versteht. Als sie und der Schüler Walter Klemmer endlich sich näherkommen, stellt sich heraus, daß sie eigentlich doch nur ganz herkömmlich Zuneigung und Zärtlichkeit sucht, doch ist die Situation nach dem langen Hinhalten des Schülers verfahren und sie gelangt nicht ans Ziel.
Dieses Buch ist anders als die, die ich sonst so lese, und meine Hauptreaktion auf die vertrackte Situation und die perversen Ideen war Angewidertsein. Aber im Grunde ist die schwierige Beziehung zwischen Mutter und Tochter und wohin sie führt, sehr drastisch und nachvollziehbar beschrieben und man leidet mit der Heldin.
31. Dezember 2004