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Naomi Klein - No Logo!

Dieses globalisierungskritische Buch aus dem Jahr 2000 ist innerhalb kurzer Zeit berühmt geworden, was es auch verdient. Die Autorin geht dabei den Machenschaften einiger globaler Konzerne nach und erläutert, was hinter den Marken steht. Sehr viel davon dürfte neu sein für jemanden, der sich noch nicht länger mit dem Thema beschäftigt hat. Es geht um die Veränderung der Wirtschaft und Gesellschaft im Rahmen der großen Markenstrategien und der Globalisierung. Daß es Unternehmen darum geht, keine Produkte, sondern Marken zu verkaufen, die für ein bestimmtes Lebensgefühl oder eine Lebensweise stehen sollen, ist eine Erfindung aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In den ersten fünf Kapiteln „No Space“ geht es um diese Entwicklung und wie die dazugehörige Werbung  den ganzen Lebensraum durchdringt. In Amerika muß dies stärker geschehen sein als in Deutschland zum Beispiel, denn hierzulande sind Schulen und Universitäten ja noch ziemlich werbefrei. Die nächsten drei Kapitel „No Choice“ zeigen die Einengung der persönlichen Wahl durch die Bombardierung mit Werbung aber auch durch die Medienkonzerne, die so groß sind, daß sie die öffentliche Wahrnehmung gestalten können. In den drei Kapiteln „No Jobs“ geht es um die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland, insbesondere um die Arbeitsplätze der Bekleidungsindustrie, die in weitgehend rechtsfreie und abgeschottete Exportproduktionszonen in sehr armen Ländern verlagert wurden. Klein zeigt, daß in den entwickelten Ländern Arbeitsplätze abgebaut wurden, die armen Länder aber nicht davon profitieren. Zum einen sind die Löhne und Arbeitsbedingungen katastrophal, zum anderen gibt es keine von Globalisierungstheoretikern gepriesenen Spill-overs, die diesen Ländern zu Weiterentwicklung verhelfen. Wenn sich Gewerkschaften zu bilden drohen oder die Regierungen dieser Länder Bedingungen stellen und Subventionen kürzen, ziehen die westlichen Unternehmen weiter in andere Länder. Der Rest des Buches „No Logo“ handelt vom Kampf gegen diese Entwicklungen, von Reclaim-the-Streets-Organisationen, die die Straßen zurückerobern wollen für die Menschen, von Protesten gegen die Ausbeutung von Arbeitern in armen Ländern, von der kreativen Zerstörung von Werbung, insbesondere Werbeplakaten, und wie es gelingt, mehr und mehr Menschen zu gewinnen, die Fehlentwicklungen der Globalisierung sowie internationale Konzerne kritisieren, zum Beispiel wenn diese in Ländern mit Diktaturen produzieren oder die Präsentation nach außen so gar nicht zu dem unsozialen Verhalten innerhalb des Konzerns (sowie gegenüber Subunternehmern) paßt.

Das Buch ist sehr informativ, auch wenn es in einigen Kapiteln etwas langweilig wird, weil sich die Aussagen und Beispiele wiederholen. Einige Konzerne und ihre Marken werden sehr ausführlich behandelt, sozusagen als Stellvertreter für alle. Insbesondere kritisiert Klein Nike, McDonalds und Shell. Ich kenne mich mit der Materie zu wenig aus um zu beurteilen, ob sich in den letzten Jahren viel verändert hat in dieser Hinsicht. Die Fußballproduktion von Kindern in Pakistan hat soweit ich weiß aufgehört, aber es gibt sicher weiter viele Mißstände. Die Aussage der Autorin, daß kritische Konsumenten in der Lage sind, etwas zu ändern, nämlich dann, wenn viele mitmachen, ist recht aktuell auch für Deutschland, wenn man zum Beispiel an ökologische Lebensmittel denkt. Weil in letzter Zeit mehr davon nachgefragt wird, wird auch mehr produziert.

Aber auch wenn Klein sehr viele Beispiele für Aktionen von Gegnern der Konzerne nennt, ist meine Wahrnehmung davon doch wesentlich geringer. Dies könnte daran liegen, daß das Buch ziemlich auf die USA ausgerichtet ist, auch wenn Klein internationale Beispiele aufführt.

An vielen Stellen, gerade wenn die Autorin besonders polemisch schreibt (der Stil ist nicht gerade berückend), hätte ich gern auch mal Gegenargumente von anderen gehört, war aber nicht engagiert genug, um im Internet danach zu recherchieren. Sie nennt keinerlei positive Beispiele für Investitionen westlicher Konzerne in Entwicklungsländern, auch wenn ich überzeugt bin, daß es die gibt. Solche Beispiele müßt man dann ins Verhältnis setzen zu der Größe der Exportproduktionszonen. Ein anderer Gedanke, der mir kam war: Ist die viele Werbung denn so schlimm? Solange Schulen und Familien ihre Kinder zu halbwegs mündigen Bürgern erziehen (Schulen in Deutschland sollten durchaus werbefreie Orte bleiben), dürfte Werbung keine sehr schlimmen Auswirkungen haben. Auch ich lasse mich oft genug von Werbung beeinflussen, aber ich glaube nicht, daß es mir schadet.

Insgesamt finde ich das Buch gut, aber zeitweilig polemisch, einseitig und langatmig. Ich glaube, es reicht, wenn man nur einen Teil der 500 Seiten liest.

27.01.2007