Harry Mulisch - Das Attentat
In diesem Roman geht es um die Bewältigung der Nazi-Besatzungszeit der Niederlande. Es besteht aus einem Prolog und fünf Kapiteln, die zu verschiedenen Zeiten (1952 bis 1981) nach dem Krieg spielen. Anton Steenwijk erlebt als Zwölfjähriger, wie Widerständler in seiner Straße einen Nazi ermorden, woraufhin die Besatzung ihn von seiner Familie trennt und mitnimmt und das Haus anzündet. Er kommt zu seinen Verwandten und verdrängt das Erlebte, auch als er hört, daß seine Eltern und sein Bruder dabei umgebracht wurden, hat er kein Interesse, die Täter ausfindig zu machen. Sein Beruf Anaesthesist steht bildlich für den Wunsch, sich zu betäuben und das Vergangene zu verdrängen.
Immer wieder begegnet er mehr oder weniger zufällig seiner Vergangenheit durch Personen oder die Rückkehr an seinen Heimatort, wobei nach und nach die Geschichte aufgerollt wird und er die Umstände dieses Attentates näher erfährt. Er merkt, daß man niemandem die Schuld zu weisen kann, zu viele Überlegungen spielen hinein. Da sind die Widerständler, die den Tod einer Familie in Kauf nehmen, um einen Nazi, der viele Menschen gequält und getötet hat, zu beseitigen. Da sind die Nachbarn, die die Leiche vor Steenwijks Haus niederlegen, um sich selbst und die Nachbarn zu schonen, bei denen Juden untergekommen sind.
Erst in der letzten Episode, die 1981 in der großen Friedensdemonstration von Amsterdam spielt, hat Anton Steenwijk dann die Vergangenheit bewältigt, wobei er inzwischen mit der zweiten Frau verheiratet ist und aus beiden Ehen ein Kind hat.
Das Buch ist spannend geschrieben, man kann nachvollziehen, wie Steenwijk die Sache nicht aufarbeiten, sondern vergessen will, ihm das aber nicht gelingt, da er immer wieder auf Spuren stößt und sich seine Gedanken immer wieder damit beschäftigen, so daß sein nach außen hin heiles Leben nur Schein ist. Liest sich schnell und gut.
23.09.04