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Rainer Maria Rilke - Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

Kein Roman im herkömmlichen Sinne, sondern eine tagebuchartige Sammlung einzelner Erlebnisse und Geschichten aus dem Leben des Malte Brigge, letzter Sproß einer adligen, dänischen Familie, der nach dem Tod seiner Eltern alles verloren hat und sich nun in Paris als Dichter durchschlägt – und dabei wohl auch kleine Erfolge hat. Er ist ein sehr empfindsamer Mensch, war dies auch schon als Kind, und nimmt seine Umwelt sehr intensiv wahr. Er durchstreift Paris und ist über die Armut und die Heruntergekommenheit erschreckt und fühlt sich beobachtet und bedrängt. Aber es tauchen wie zum Trost viele Erinnerungen aus der Kindheit auf: Über seine etwas exzentrischen Familienmitglieder, den dort nicht ungewöhnlichen Kontakt zu Gespenstern, oder wie er sich über seine eigene Verkleidung so erschreckt hat, daß er ohnmächtig wurde. Außerdem beschreibt er Begebenheiten von Personen aus seinem Leben (zum Beispiel dem kranken Nachbarn) und von historischen. Vieles wird nur angedeutet. Immer wieder hat Malte Krankheitsanfälle, aber es bleibt offen, ob er zu Grunde geht oder nicht.

Die Grundstimmung ist sehr düster-melancholisch. Die fragmentarische Form soll die Zerrissenheit der modernen Welt widerspiegeln. Dadurch wirkt der Roman sehr zusammenhangslos und es fiel mir sehr schwer, ihn bis zu Ende zu lesen. Der 1911 veröffentlichte Roman gilt als erster seiner Art (fragmentarisch, existentialistisch) in der deutschsprachigen Literatur. Er mag literarisch wertvoll sein, aber für Hobbyleser kaum zu empfehlen.

28. Oktober 2004