Eva Stachniak - Die Schwester des Tänzers
Wiedermal ein Roman, der im alten Russland spielt, zumindest der Anfang spielt noch im Zarenreich und ich habe ja schon einige Romane gelesen und gemocht, die im Zarenreich spielen. Hier geht es um ein Geschwisterpaar, die beide erfolgreiche Ballett-Tänzer sind, wobei der Roman aus Sicht der jüngeren Schwester Bronia geschrieben ist: Als Rückblick auf der Auswanderung nach Amerika 1939 geschrieben, in chronologischer Reihenfolge.
Als Kinder zweier Tänzer einer reisenden Ballettgruppe lernen Stassik, Waslaw und Bronia von klein auf Ballett. Stassnik wird als Spätfolge eines Unfalls geistig behindert, aber Waslaw und Bronia werden an der kaiserlichen Tanzakademie genommen und vor allem der Ältere macht schnell Karriere, so dass Bronia oft nur als „Die Schwester von...“ wahrgenommen wird. Aber sie liebt ihren Bruder und leidet an und mit ihm (er wird später auch verrückt). Es geht viel um die Entwicklung vom alten „steifen“ Ballett zu modernen Tanzformen, um die Ausdruckskraft des Tanzen, um die Kunst, die sich leider durch die Notwendigkeit, Geld zu verdienen, nicht frei entfalten kann. Auch die Schinderei des Körpers wird thematisiert. Durch den Neid unter den Tänzern, durch Unfälle oder Erfolge und natürlich den geschichtlichen Hintergrund wird eine abwechslungsreiche und oft spannende Geschichte erzählt, die mir Freude bereitet hat.
Bronia heiratet früh und bekommt auch ein Kind, dadurch löst sie sich von ihrem Bruder, tritt aber auch mit der Hinwendung zum modernen Tanz in seine Fußstapfen. Sie zieht durch die Welt, wird vom ersten Mann verlassen, aber mit dem zweiten glücklich, und wird nach der eigentlichen Ballettkarriere zur Choreographin. Wer sich für Kunst und Ballett interessiert, sollte diesen schönen Roman lesen.
27. Dezember 2016