John Steinbeck - Tortilla Flat
Dieser Roman von 1935 war der erste erfolgreiche des Autors – was er gar nicht erwartet hatte. Offensichtlich traf die episodenhafte Erzählung über die Paisanos in Tortilla Flat bei der Stadt Monterey in Kalifornien aber den Geschmack der Leute. Die Helden sind einfache Leute mexikanisch-spanisch-amerikanischer Herkunft, die nach dem Ersten Weltkrieg in Dannys geerbte zwei Häuser einziehen, um dort etwas seßhafter zu werden als zuvor. Sie achten Eigentum gering, ihr eigenes wie auch das anderer. Vor allem das Essen und der Wein werden überwiegend mitgenommen. Sie leben in den Tag hinein, saufen, huren, prügeln sich, aber tolerieren die Macken der Freunde und beklauen sich nicht gegenseitig. Nachdem das eine Haus abgebrannt ist, ziehen alle zu Danny ins andere Haus. Sie sind ein eingeschworenes Team, die Freundschaft ist ihnen sehr wichtig. Steinbeck gestaltete seinen Roman an die Artus-Sage angelehnt, was die meisten frühen Rezensenten übersahen (s. Kindlers LL.). Danny wird das ruhige Leben irgendwann zu eng, er bricht aus und begeht Straftaten, er raubt sogar von seinen Freunden. Trotzdem wollen sie ihm helfen, als er zurückkommt. Sie arbeiten, um eine große Party zu feiern und die anderen Bewohner des Ortes unterstützen sie. Danny ist aber nur oberflächlich fröhlich. Betrunken prügelt er sich und fragt wirr weglaufend, als alle Furcht vor ihm haben: Wer will mit mir kämpfen? Er läuft in den Wald, fällt in die Schlucht und stirbt kurz danach. Das verkraftet die Gemeinschaft der Freunde nicht und sie zerbricht endgültig, als auch noch Dannys Haus abbrennt – sie gehen jeder seines Weges.
Steinbeck beschreibt ein Milieu, wie man es nicht aus eigener Erfahrung kennt und mir hat das Buch erst nach und nach gefallen. Mich für Helden zu begeistern, die stehlen und sich prügeln, fällt mir schwer. Aber sie tun auch Gutes, haben ihre lichten Augenblicke und rechtfertigen (oft rührend naiv) ihr Verhalten vor sich selbst oder den anderen. Es liest sich leicht.
7. November 2006