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Katja Thimm - Vatertage

Meine Mutter hat mir dieses Buch geschenkt, das sie selbst sehr berührt hat, weil sie die Geschichte ihrer Eltern und teilweise auch von sich selbst dort widergespiegelt gefunden hat. Die Autorin schreibt über sich und ihren Vater, insbesondere dessen Vergangenheit.

Mit 13 Jahren aus einer behüteten Umgebung in Masuren gerissen, floh Horst Thimm 1945 abenteuerlich nach Eberswalde, wo er schnell merkte, dass seine Unabhängigkeit und Freiheitsliebe nicht in die Sowjetische Besatzungszone passte. Er ging nach Berlin, wurde dann aber beim unerlaubten Handel mit Schreibmaschinen und Ferngläsern von Ost nach West erwischt und für 6 Jahre eingesperrt. Von dort gelangte er in den Westen und baute sich mit 30 Jahren ein neues Leben auf und arbeitete dann noch 27 Jahre lang im Gesundheitsministerium. Erst sehr spät in seinem Leben hat er mit seiner Tochter über seine Vergangenheit gesprochen und aus diesen Gesprächen entstand das Buch. Viele seiner Eigenarten, Verhaltensweisen kann sich die Tochter nun rückblickend erklären. Meine Mutter meinte, ihre Eigenarten würden auch teilweise auf ihre Geschichte bzw. die ihrer Eltern zurückgehen. Ihr Vater hat ihr leider fast nichts über seine Zeit im Krieg erzählt.

Katja Thimm berichtet auch, wie sie als Jugendliche kein Interesse an Kriegs- und Flüchtlingsgeschichten hatte und als Wohlstandskind in der Bonner Republik aufwuchs und sich erst, als ihr Vater dann alt wurde, mit ihm und mit diesem Thema beschäftigte. Ich bin da schon früher mit konfrontiert worden und denke/hoffe, mich ein wenig damit auszukennen. An einer Stelle fand ich eine Aussage, die exakt der Einstellung meiner Eltern entspricht: Eigentum und Wohlstand kann man verlieren, also ist das Wichtigste, das Eltern ihren Kindern mitgeben können, Bildung und Ausbildung.

Das Buch macht auf jeden Fall nachdenklich und lehrt einen, Verhaltensweisen der älteren Generation zu hinterfragen und zu akzeptieren statt abzulehnen, wenn sie einem aus heutiger Sicht komisch vorkommen. Dieses Buch empfehle ich besonders Menschen, deren Eltern oder Großeltern selbst Flucht (ob aus den Ostgebieten oder der DDR) erlebt haben, aber nicht nur diesen.

10. März 2013