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Soja Tolstaja - Eine Frage der Schuld

Leo Tolstoi hatte eine Ehefrau, die ebenfalls zum Schriftstellertum geeignet war – nur hat sie sich nie in den Vordergrund drängen wollen und ihre zwei erhaltenen Romane wurden erst lange nach ihrem Tod veröffentlicht. In „Eine Frage der Schuld“ geht es um eine unglückliche Ehe und Ehebruch, und diese Geschichte ist weitgehend die gleiche wie in Leo Tolstois „Kreutzersonate“, nur eben aus weiblicher Sicht erzählt. Leider habe ich die Kreutzersonate noch nicht gelesen, so dass ich noch keinen Vergleich bringen kann, aber man kann sich schon vorstellen, wie unterschiedlich die Sichtweisen sind.

Die 18jährige Anna heiratet den deutlich älteren Fürsten Prosorski, nachdem die beiden aneinander Gefallen gefunden haben. Jedoch entpuppt sich für beide die Ehe als weniger schön als gedacht. Die beiden leben sich schnell auseinander und während Anna in ihrer Rolle als fürsorgliche Mutter aufgeht, interessiert er sich wenig für die Kinder und seine Frau. Stattdessen flirtet er zumindest gelegentlich mit den weiblichen Haus- und Hofangestellten.

Anna freundet sich mit einem Nachbarn an, der häufig zu Besuch kommt und sie viel besser versteht als ihr Mann. Sie verliebt sich in ihn, aber die Beziehung bleibt platonisch. Anna ist ihre Familie zu wichtig, als dass sie ihrer Sehnsucht nachgeben würde. Ihr Mann bemerkt diese Freundschaft jedoch und wird unglaublich eifersüchtig. Am Ende wirft er eines Abends wutentbrannt einen Briefbeschwerer nach ihr und bringt sie auf diese Weise um.

Die Geschichte ist aus weiblicher Sicht geschrieben und es wird ganz deutlich, dass Tolstaja die Schuld beim Fürsten Prosorski sieht, weil er sich nicht ausreichend um seine Frau kümmert und bemüht. Der relativ kurze Roman ist sehr ansprechend und mitreißend geschrieben, ich kann ihn nur weiterempfehlen.

14.04.04