Richard v. Weizsäcker - Vier Zeiten
Diese Autobiographie des früheren Bundespräsidenten beschreibt ein Stück deutsche Geschichte. Er beginnt mit seiner Familie zu Kaisers Zeiten und in der Weimarer Republik. Als Diplomatensohn kommt er viel herum, verbringt aber seine wichtigsten Jugendjahre in Berlin. Direkt nach dem Abitur beginnt der Zweite Weltkrieg und damit für ihn der zweite Zeitabschnitt, die Jahre unter Hitler. Er ist Soldat bis kurz vor Kriegsende, als er verletzt wird. Dann studiert er an der gerade wieder öffnenden Göttinger Universität Jura, aber beschäftigt sich auch viel mit anderen Disziplinen. Über verschiedene Positionen in der Wirtschaft kommt er in die Politik. Nebenher ist er Präsident des Evangelischen Kirchentages und in dieser Position auch viel im Osten unterwegs, wodurch sein Interesse an Ostpolitik steigt. Dieses Thema beherrscht letztlich sein Leben bis nach der Wiedervereinigung, die er als Bundespräsident natürlich hautnah miterlebt. Aber bevor er Bundespräsident wird, ist er auch noch Regierender Bürgermeister von Berlin. Von seinem Privatleben und seinen vier Kindern wird nur wenig erzählt, was ich ein wenig schade finde bei einer so interessanten Person. Aber das öffentliche Leben überwiegt einfach. Durch seine festen Überzeugungen in der Ostpolitik macht er sich in der CDU zu Brandts Zeiten unbeliebt, weil er sich nicht an die Meinung der Partei hält, sondern seine eigene Überzeugung vertritt. Aber genau dadurch und durch seine von christlichen und demokratischen Idealen geprägte Arbeit ist er zu der bedeutenden Persönlichkeit geworden, die er war. Auffällig ist, daß er ein bescheidener Mensch ist und manche Erfolge in seiner Beschreibung so wirken, als seien sie ihm einfach so „zugestoßen“.
Im vierten Teil, der Zeit nach der Wende, beschreibt er kritisch die Probleme der Wiedervereinigung und warum bis heute vieles so schwierig ist. Aber er zeigt auch, daß man Vieles aus menschlichen Gründen oder mangels Information kaum hätte besser machen können.
Auch wenn es eine sehr interessante Biographie ist, die hier erzählt wird, war meine Lust weiterzulesen nicht immer sehr groß, da sich das Buch fast wie ein Geschichtsbuch liest. Zwar schreibt er schon aus seiner eigenen Sicht, dennoch wirkt das Buch nicht sehr persönlich. Ich hätte gern mehr über die Familie oder auch seine Gefühle erfahren.
28. März 2005