Franz Werfel - Der veruntreute Himmel
Werfel ist zwar selbst Jude, hat sich aber viel mit dem Katholizismus beschäftigt. Das Lied von Bernadette handelt von einer katholischen Heiligen, Der veruntreute Himmel handelt von einer zutiefst gläubigen katholischen Magd und der Familie, bei der sie angestellt war.
Der Roman spielt 1936 und 1937. Die Familie Argan verbringt den Sommer auf einem Schloss im Grünen und der Icherzähler, Junggeselle und Jugendfreund des Vaters, ist dort Dauergast. Teta Linek ist dort Magd und der Icherzähler erfährt ihre Geschichte und schreibt sie auf. Teta ist tiefgläubig und finanziert ihrem Neffen, den sie nur einmal als Kind gesehen hat, die Ausbildung als Geistlicher, um damit in den Himmel zu kommen, und auch mit der Überlegung, vielleicht ihren Lebensabend bei ihm zu verbringen. Der Neffe ist jedoch ein ganz Durchtriebener und lügt Teta gnadenlos an: Er ist gar nicht ordiniert worden, sondern hat das Studium abgebrochen, erfindet aber tausende Geschichten, um immer neu Geld von ihr zu erhalten. Sie hinterfragt das Ganze nicht, sondern zahlt. Weil nun aber die Familie Argan ziemliches Leid erfährt und Teta entlässt (Details verrate ich nicht, damit die Lektüre spannend bleibt), macht sie sich doch auf den Weg zum Neffen und entdeckt den Schwindel. Nun landet sie bei ihrer Schwester, die nur auf Tetas Angespartes aus ist und weiß nicht recht, was sie machen soll. Die Rettung scheint eine Pilgerfahrt nach Rom, die die Kirchengemeinde organisiert. Dort lernt sie einen jungen Kaplan kennen, der so ist, wie sie ihren Neffen erträumt hat und dem sie ihre Geschichte erzählt und alle Briefe des Neffen übergibt. Bei einer Audienz bei Papst Pius hat sie dann einen Schlaganfall und stirbt kurz darauf, mit reiner Seele.
Der Betrug ist so offensichtlich und man wundert sich, dass Teta ihn nicht wahrhaben will, aber der Erzähler diskutiert auch mit der Mutter Argan, ob es nicht das Beste wäre, der Schwindel würde bis zu Tetas Tod erhalten bleiben (was dann nicht funktioniert). Das klingt jetzt recht trocken, ist jedoch sehr spannend erzählt und die Themen Glauben und Frömmigkeit und wie man erhofft, himmlisches Heil zu erlangen, wird schön dargestellt. Und wie oft tut man etwas nach außen hin altruistisches, will damit jedoch ein höchst egoistisches Ziel erreichen (wie in den Himmel zu kommen)!
Der Mensch lebt gewiss nicht von Brot allein, aber ebensowenig vom Geiste allein. Wenn man die materialistische Ketzerei ablehnt, kommt man leicht in Gefahr, ein spiritualistischer Ketzer zu werden. Wann endlich wird der große Mensch erstehen, der den echten Sozialismus mit der Metaphysik versöhnt?
02.04.2012