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John Williams - Stoner

Dieses Buch wurde bereits 1965 veröffentlicht, aber vor kurzem „wiederentdeckt“, ich kannte den Autor nicht, bis ich das Buch geschenkt bekam. Für die 350 Seiten habe ich nur wenige Tage gebraucht, weil es Freude machte, weiterzulesen.

Es ist ein Campus-Roman, der mich entfernt an Nabokovs Pnin erinnerte. William Stoner wächst auf einer Farm in Missouri auf und die Eltern sind so schlau zu merken, dass es sinnvoll wäre, Landwirtschaft zu studieren, wenn die Farm erhalten bleiben soll. So beginnt er ein Studium in der nächstgelegenen Stadt Columbia. Stoner wechselt aber nach einem Erweckungserlebnis im Pflichtkurs Englische Literatur das Fach und bleibt, weil ein Mentor ihn für begabt hält, an der Uni, promoviert dort und wird dort erst Dozent, später Assistenzprofessor für englische Literatur. Er heiratet Edith, die ihm aber keine liebevolle, sondern eine ziemlich hasserfüllte Ehefrau ist. Sie sehnt sich wohl nach einem anderen Leben (sie ist in Reichtum aufgewachsen und solchen kann Stoner ihr nicht bieten), aber die Motive ihres Handelns bleiben sehr im Dunkeln. Sie kämpfen auch um die Erziehung der Tochter, die letztlich aus der Enge, die ihr die Mutter bereitet, flieht, indem sie schwanger wird. Um den Sohn kümmert sie sich nicht sehr intensiv, sondern wird alkoholabhängig. Zwischenzeitlich hat Stoner eine Geliebte (eine Studentin), die Beziehung wird aber unmöglich (wir befinden uns ja in der ersten Hälfte des 20. Jhdts) und daher verlässt die Studentin ihn und geht in eine andere Stadt, wo sie auch in der Wissenschaft Karriere macht.

An der Universität versteht er sich mit manchen gut, mit anderen schlecht und es gibt Machtkämpfe, aber Stoner lebt und arbeitet im Grunde einfach so vor sich hin. Er ist kein Held, er ist einfach nur ein ziemlich normaler Mensch. Am Ende stirbt er an Krebs, als er kurz vor der Rente steht, in die er aber gar nicht gehen will.

Williams schreibt die Geschichte sehr nüchtern (manchmal zu sehr, ich habe mich mit Stoner nicht recht identifiziert während der Lektüre), man kann gut nachvollziehen, dass Stoner manche Gelegenheiten nutzt, andere nicht, weil das so „normal“ ist. Ich habe mir zwischenzeitlich sehr gewünscht, dass sich das Eheleben doch noch besser oder sie sich scheiden lassen. Auch der Tochter hätte ich ein besseres Schicksal gewünscht. Aber so ist es eben auch oft nicht im realen Leben.

25. Januar 2016