Stephan Zweig - Ungeduld des Herzens
Vor über 10 Jahren las ich diesen Roman bereits einmal und mir war nur noch wenig vom Inhalt im Gedächtnis, dafür aber hatte ich die Erinnerung, dass mir das Buch sehr gut gefiel damals. So nahm ich es mir nun wieder vor und mein Urteil hat sich nicht geändert: Das Buch ist spannend, liest sich gut und erregt Empathie.
Es beginnt kurz vor dem ersten Weltkrieg und handelt von einem auf dem Land nicht zu weit von Wien stationierten Husaren, Anton Hofmiller, einen Durchschnittsmenschen. Er macht Bekanntschaft mit dem örtlichen Schloßbesitzer und dessen Tochter, wobei ihm ein Mißgeschick unterläuft, indem er die gehbehinderte Tochter Edith zum Tanzen auffordert. Die ganze Geschichte ergibt sich nun aber daraus, dass er sich nicht einfach entschuldigt, sondern wegrennt und damit die Situation verschlimmert. Durch Besuche versucht er seinen Fauxpas wieder gutzumachen und sein Mitleid mit dem Mädchen lässt ihn immer wieder kommen, zumal er sich dort im Hause wohlfühlt und der Vater ihn sehr zuvorkommend behandelt. Das Mitleid ist eine „Ungeduld des Herzens“ und kein echtes, helfendes Mitleid. Der Autor unterscheidet hier ganz fein. Das unechte Mitleid führt zu falschem Verhalten der Familie wie auch Hofmillers gegenüber dem behinderten Mädchen. Hier kann man sich als Leser einige Gedanken zum Umgang mit Kranken oder Behinderten machen.
Anton Hofmiller wird immer enger an die Familie gebunden, als er auch noch den Arzt von Edith kennenlernt, der versucht, die Lähmung von Ediths Beinen zu kurieren. Die Situation mit seinen Kameraden verschlechtert sich durch seine ständige Abwesenheit und auch mit Edith verkompliziert sich die Situation. Jedoch ist der Held der Geschichte ein arger Feigling und weil er sich nicht traut ehrlich zu sein, gerät er richtig ins Schlamassel (ich will die Details hier nicht verraten, damit die Spannung beim Lesen erhalten bleibt). Nach und nach eskaliert die Situation und als Leser denkt man immer wieder: „Reiß Dich endlich zusammen!“ Die Gedanken- und Gefühlswelt des Helden werden recht detailliert beschrieben, man kann sich gut in ihn hineinversetzen. Man sieht den Soldaten in sein Unglück rennen und damit auch Edith. Jede einzelne Verhaltensweise kennt man aber von sich selbst oder anderen Menschen und kann sie im Grunde nachvollziehen, nur sind es halt zu viele Fehlentscheidungen.
Trotz ein paar Längen zwischendurch ein sehr zu empfehlendes Buch.
14.7.11